Die Selbstzerstörung des Zinskapitalismus Drucken
Geschrieben von: Baraka   
Mittwoch, den 26. Januar 2011 um 23:20 Uhr

Um ausreichend Menschen in der Produktionsmaschinerie am arbeiten, und damit auch weitestgehend außerhalb politischer und ökonomischer Teilhabe- und Gestaltungsprozesse zu halten, muss die Produktivität stetig ansteigen. Insbesondere in Zeiten technologischen Fortschritts, der menschliche Arbeitskraft elektronisch und maschinell ersetzen und vervielfältigen kann. Neben permanentem Wachstum muss die Produktivität zu diesem Zweck auch ein die Gesellschaft polarisierendes und nötigendes Armutsgefälle erzeugen.

Auf diese Weise mutiert der herrschaftlich und machtpolitisch induzierte Arbeitskult zu einem ökonomischen Wachstumskult. Wenn dieser sich schließlich im Zinsmechanismus vollendet, wird und kann diese ideologisch-kultische Ursuppe ökonomistischer Machtausübung mitsamt der daraus entspringenden Wachstumsökonomie nichts anderes sein, als ein die Gesellschaft langsam aber sicher aufzehrender Parasit.

Dessen Nahrung besteht insbesondere aus der Gefügigkeit der Menschen gegenüber einem Produktionssystem, in dem sie sich von diesem, im Rahmen von Erwerbsarbeit, ent- bzw. belohnt wähnen. Dieser Irrglaube ist ökonomisch so fatal, weil er suggeriert, dass Einkommen über Produktivität erwirtschaftet werden würde und müsste. Richtig ist aber vielmehr, dass Produktivität erwirtschaftet werden muss, und zwar eben durch Einkommen.

 

Produktivität und Einkommen

Was im Produktionsprozess entsteht ist nicht Kaufkraft, ist nicht Geldkapital als Gegenwert der Produktivität. Was im Produktionsprozess tatsächlich entsteht sind reale Nachfragewerte, konsumier- und beanspruchbare Güter und Dienstleistungen. Ihr Gegenwert ist die zuvor, als ökonomische Grundlage der Produktivität in diese investierte Kaufkraft, sei es durch Konsum, durch eine direkte Investition, Subvention oder kreditär.

All diese Formen von Einkommen im ökonomischen Sinne, stehen am Beginn der Produktivität, und nicht an ihrem Ende. Als Fundament der Produktivität bilden sie dementsprechend auch die Grundlage für Erwerbseinkommen. Aus diesem Grund stehen diese prinzipiell ebenfalls am Anfang der Produktivität. Dass sie dies allerdings faktisch nicht tun, ist der Betrug des gegenwärtigen Produktionssystems an seinen Produktivkräften, den Erwerbsarbeitnehmern.

Dieser Betrug wiederum ist ein elementarer Bestandteil der gegenwärtigen Machtstrukturen und der immer ruinöser werdenden wirtschaftlichen Entwicklung. Sie ist die Folge einer arbeitskultischen Wachstumsökonomie, deren Wachstumsmechanismus, das Zinssystem, durch die unentwegte Entstehung von Ansprüchen von akkumulativem Kapital auf reale Kaufkraft ein Umverteilungssystem mit einer immer stärkeren Kapitalverknappungs- und in der Folge auch Verarmungstendenz etabliert und forciert.

 

Die Zinsökonomie: Eine parasitäre Produktions- und Umverteilungsmaschinerie

Das Zinssystem kreiert Kapital als Schuldäquivalent, als Anspruch auf liquides Kapital, der sich von selbst vermehrt. So entstehen letztlich die überakkumulierten, größtenteils illiquiden Einkommen, denen in der gesellschaftlichen Fläche zunehmende Verschuldung und mit ihr Geldknappheit, also Mangel an liquidem Kapital gegenüberstehen. Als Ausgleich muss dementsprechend immer mehr neues Schuldkapital in Umlauf gebracht werden, das sich seinerseits wiederum durch Produktivität, eben als Einkommen im weitesten Sinne, verwerten muss.

Dies bildet die fundamentale Triebkraft einer sich selbst auffressenden Wachstumsökonomie. Ein Wirtschaftssystem, dem ein Wachstumsmechanismus zugrunde liegt, der immer mehr, aber auch immer ungleicher und einseitiger verteiltes Einkommen produziert. Mit dem zugleich eine Produktivität Schritt zu halten versucht, der aufgrund eines zunehmenden Mangels an Kaufkraft die Absatzmärkte wegbrechen, und damit ihr ökonomisches Fundament verloren geht. Die dieses damit gewissermaßen ihrem Wachstums- und Arbeitskult opfert.

Unterwandert und verschleiert wird dieser Mechanismus derzeit lediglich vorübergehend vor allem durch die Finanzblasen spekulativen Kapitals. Sie bilden den Ersatz für den Verlust an realökonomischer Nachfrage. Und zwar solange bis sie platzen. Was sie mittelfristig immer tun, und  notwendigerweise tun müssen. Denn spekulatives Kapital ist die extremste und damit letztlich aus destruktivste und parasitärste Form von fiktivem Kapital. Also einem lediglich als Anspruch auf liquides Kapital existierenden, überakkumulierten und überwiegend illiquiden Scheinkapital

Die mit derartigem Kapital aufgeblähten Finanzblasen beschleunigen den Zerfall der Realwirtschaft letztlich umso mehr. Denn sie bilden die inflationärste Form der Überakkumulation von fiktivem Kapital, dem in der Realwirtschaft folglich umso mehr (potenzielle) Schulden und Verknappungstendenzen von liquiden Kapital gegenübersteht. Und damit auch von realer Kaufkraft, und somit wiederum realer Wertschöpfung.

Erst in sogenannten "Krisen", nach dem Platzen finanzökonomischer Schuldenblasen, wird die Zerstörungskraft dieses Kapitals sichtbar. Wenn die Produktivität einbricht, weil ihr ökonomisches Fundament wegbricht. Einkommen, das aus realer Wertschöpfung oder der Überakkumulation fiktiven Kapitals besteht. Ein tragfähiges Fundament für eine stabile Ökonomie kann nur ersteres sein.

Nämlich Einkommen, das am Anfang der Produktivität steht, als Ermöglichung und Grundbedingung realer Wertschöpfung. Die Wachstumsdynamik fiktiven Kapitals unterhöhlt dieses Fundament jedoch permanent, und frisst es letzlich mitsamt seiner Produktivität auf. Der Wachstumskult und der diesem zugrunde liegende Arbeitskult sind es, die selbst jene "Krisen" zu Motoren einer anhaltenden ökonomischen Selbstverstümmelung werden lassen.

 

Vom Arbeitskult zum Wachstumskult

Denn als Ersatz einer realen Wertschöpfung muss dann noch mehr Schuldkapital in Umlauf gebracht werden, um eine marode Produktivität wieder anzukurbeln. Und umso brüchiger und instabiler wird dadurch deren ökonomisches Fundament, wenn umso mehr liquides Kapital aus der realwirtschaftlichen Fläche durch die Ansprüche überakkumulierten Kapitals gezogen wird.

Auf diese Weise wird aus einem sich im Zinsmechanismus und dessen Überakkumulation weitestgehend fiktiven Kapitals verwirklichten Wachstumszwang ein selbstbezüglicher und verselbstständigter  Wachstumskult. Ausgehend von einem Arbeitskult, der Menschen innerlich zerrüttet, abrichtet und mittels einer auf Erwerbsarbeit basierenden totalitären ökonomischen Machtsphäre einem auf diese Weise unsichtbar werdenden Herrschaftsapparat unterwirft.

Ein Arbeitskult, der sich in einen Wachstumszwang verselbstständigt, um durch ausufernde Produktivität den Machtanspruch und die Herrschaft der Arbeit und der aus dieser hervorgehenden Produktionsmaschinerie über den Menschen systematisch zu steigern und auszubauen. Der Wachstumszwang wiederum wird schließlich zu einem Kult, der den Prozess eines ökonomischen Autokannibalismus gleichermaßen etabliert, wie legitimiert und systematisch forciert und beschleunigt.

Die Selbstzerstörung einer Produktionsmaschinerie durch ihre eigenen ideologischen und funktionalen Grundlagen. Die wiederum die ökonomische Grundlage ihrer Produktivität, nämlich reale Wertschöpfung, zerstören, ihrem eigenen Arbeits- und Wachstumskult opfern. Diese beiden zentralen weltanschaulichen Machtinstrumente des gegenwärtigen bürgerlich-liberalen Herrschaftsapparates sind es also letztlich, die sich selbst auffressen, mitsamt ihres ökonomischen Machtapparates, einer totalitären Produktionsmaschinerie.