Ein-Euro-Jobs: Totengräber der Ökonomie Drucken
Geschrieben von: Baraka   
Sonntag, den 21. November 2010 um 01:15 Uhr

Die mit der Hartz IV-Gesetzgebung inthronisierten Ein-Euro-Jobs ermöglichen es, in einem bisher nie dagewesenen Ausmaß, reguläre Erwerbsbeschäftigung durch Niedriglohnarbeiten zu ersetzen sowie darüber hinaus auch schleichend Zwangsarbeit flächendeckend einzuführen.

Zugleich dienen sie aber auch dem politischen Zweck, die offizielle Arbeitslosenstatistik massiv zu manipulieren, um durch schön gefärbte und absurd niedrige Arbeitslosenzahlen die Bevölkerung über tatsächliche Zustände und Entwicklungen des kapitalistischen Produktionssystems hinweg zu täuschen und die Menschen psychisch und physisch in der ökonomischen Hamsterrolle gefangen zu halten.

Vor knapp einer Woche hatte schließlich auch der Bundesrechnungshof in Bonn in einem offiziellen Bericht die Nutzlosigkeit, und zum Teil auch politische Willkür hinter der Praxis dieser modernen sozialstaatlichen Zwangsarbeitsmaßnahmen bestätigt. Es ist schon lange ein offenes Geheimnis, dass Ein-Euro-Jobs vielmehr dazu genutzt werden, reguläre Erwerbsarbeitsplätze durch staatlich alimentierte Niedriglohnbeschäftigung zu ersetzen.

Die unter Androhung der Existenzvernichtung aufoktroyierten Zwangsmaßnahmen sind ein perfides obrigkeitsstaatliches Werkzeug einer mittel- und langfristigen machtpolitischen Agenda der Monopolisierung und Zentralisierung ökonomisch-politischer Strukturen. Damit dienen sie letztlich der antidemokratischen Ökonomisierung und Elitarisierung politischer Macht.

Von dementsprechend zentraler Bedeutung für das etablierte Herrschaftsgefüge ist das der gegenwärtigen Ökonomie zugrunde liegende, und durch die Hartz IV-Gesetzgebung noch repressiver und totalitärer gewordene Erwerbsbeschäftigungsdogma, dem zufolge ausschließlich Erwerbsarbeit reguläre und vollwertige Arbeit und Berechtigung für Einkommen und damit Existenzsicherung darstellt.

In einem solchen ideologischen Rahmen können Menschen auf reine, ökonomistisch definierte Nützlichkeits- und Verwertbarkeitsattribute reduziert und herunter gebrochen werden. Dies erlaubt die Unterteilung, Polarisierung und Kompartimentierung einer Gesellschaft in höher- und minderwertige Menschen. In mehr- und minderprivilegierte Menschen. In zu beherrschende und herrschende Klassen. In diesem Sinne ist eine von calvinistisch-liberalen Geisteshaltungen zersetzte Gesellschaft letztlich auch zutiefst rassistisch.

Der Calvinismus, und dessen säkularisierte und ökonomisierte Variante, der Liberalismus, bilden daher auch den unmittelbaren geistigen Urgrund rassenkultischer und rassenhygienischer Konzeptionen. Aus diesem Grund sind nationalsozialistischer Rassenwahn ebenso wenig wie sozialistischer Klassenwahn weder tatsächliche Gegensätze, noch gesellschaftliche Randerscheinungen. Vielmehr wurzeln sie immer und ausschließlich in der Mitte der Gesellschaft.

Dies gilt auch für die heutigen Erscheinungsformen rassistischer Geisteshaltungen, wie sie ideologisch besonders im Neoliberalismus oder im Anti-Islamismus erscheinen. Die moralistisch-ideologische Ausprägung des ökonomistischen Nützlichkeitsrassismus findet insbesondere auch in der Ein-Euro-Job-Praxis seinen unmittelbaren Ausdruck. Die dahinter stehende machtpolitische Agenda bekommt auf diese Weise nicht nur einen autoritären, obrigkeitsstaatlichen, sondern darüber hinaus auch einen faschistischen Niederschlag.

Denn das Moralisieren im ideologischen Rahmen rassistischer Geisteshaltungen, sowie im propagandistischen Rahmen einer manipulativen, schizophrenen Dialektik, kann durchaus als struktureller Kern von allgemein faschistischer Ideologie, Bewegung und Gesellschaftsordnung verstanden und definiert werden. Denn sie entspricht im Wesentlichen auch den zentralen Elementen der historischen selbsternannten, oder im Nachhinein als faschistisch bezeichneten Ideologien und Herrschaftsgefüge.

Aktuell zeigt sie sich konkret in der moralistischen Legitimierung und Aufoktroyierung des Ein-Euro-Jobs als eine Arbeit, die im "öffentlichen Interesse" bzw. "Interesse der Allgemeinheit" stehe. Das perverse, manipulierende moralistische Element liegt also darin, dass eine anonyme Allgemeinheit plötzlich als Richtschnur für die Ausübung von Tätigkeit aus dem propagandistischen Hut gezaubert, und darüber hinaus sogar noch als Legitimationsgrundlage für den obrigkeitsstaatlichen Zwang zur Ausübung einer solchen Tätigkeit missbraucht wird.

Doch zusätzlich zu dieser faschistischen Geisteshaltung wird auch das perfide, machtpolitisch motivierte Lügen und Täuschen in der ausgeübten Praxis der Ein-Euro-Jobs deutlich. Denn so belegte jetzt auch der Bundesrechnungshof noch einmal unmissverständlich, dass ein Großteil dieser Zwangsarbeitsmaßnahmen in keiner Weise als zusätzliche Tätigkeiten im Interesse der Allgemeinheit ausgewiesen werden können, weil sie in Wahrheit lediglich reguläre Erwerbsarbeitsplätze durch staatlich alimentierte Niedriglohnbeschäftigung ersetzen sollen.

Mehr als die Hälfte aller Ein-Euro-Jobs sind laut dem Bericht des Bundesrechnungshofes davon betroffen und dürften dementsprechend eigentlich nicht gefördert werden. Das Erwerbsarbeitsfetischistische Wahngebilde richtet sich dabei also gewissermaßen gegen sich selbst. Konkret aber auch gegen die manipulativen Versuche, die machtpolitisch motivierte Errichtung einer Niedriglohnökonomie moralistisch zu legitimieren.

Rechtlich bestehen somit zumindest noch in der Hinsicht Chancen, sich gegen Zwangsarbeitsmaßnahmen zur Wehr zu setzen, wenn es sich bei der aufgezwungenen Niedriglohnbeschäftigung um Tätigkeiten handelt, die es gemäß dem traditionellen ökonomischen Prinzip der Erwerbsarbeit aber in Form einer regulären Arbeitsstelle mit entsprechender Einkommensgarantie geben muss.

In dieser Hinsicht kritisierte der Untersuchungsbericht des Bundesrechnungshofes besonders auch die Willkür bei der Nötigung von Menschen zu solchen Scheinbeschäftigungsmaßnahmen. Denn die Jobcenter weisen Leistungsempfängern "meist wahllos Arbeitsgelegenheiten" zu, ohne diese tiefergehend, kompetent und insbesondere in Bezug auf persönliche Interessen, Neigungen, Bedürfnisse und Fähigkeiten zu beraten und zu fördern und konkrete individuelle Ziele für die Teilnahme festzulegen.

Stattdessen werden vielmehr unter der dialektischen Fassade der Aktivierung und Hilfe bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt Menschen aus tatsächlich rein ideologischer, nämlich erwerbsarbeitsfetischister Willkür in Beschäftigungsverhältnisse getrieben, um auf diese Weise die Arbeitslosenstatistik bereinigen zu können und Menschen davon abzuhalten, außerhalb dieses sich zunehmend überlebt habenden Lohnarbeitskultes alternative Perspektiven, Lebensentwürfe und insbesondere gesellschaftliche und politische Teilhabe-Motivationen und -Ambitionen zu entwickeln.

Die Bonner Rechnungsprüfer kritisieren dabei besonders auch, dass die Jobcenter bei der Schaffung solcher Arbeitsgelegenheiten ihre Tätigkeit seit der Einführung von Hartz IV und damit auch dieses Zwangsarbeitssystems kaum verbessert haben. In den meisten Fällen haben die angebotenen und aufokroyierten Scheinbeschäftigungen überhaupt keinen Nutzen dabei, den Betroffenen anschließend verbesserte Chancen und Vermittlungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt anzubieten.

Gerade auch mit dem Ein-Euro-Job-Instrumentarium wird weiterhin systematisch darüber hinweg täuscht, dass das traditionelle System der Erwerbsarbeit langsam aber sicher ausgedient hat. Dank technologischem Fortschritt können mehr und mehr Erwerbsarbeitsplätze rationalisiert werden. Nur aus diesem Grund wird von Seiten des Staates, ruinöserweise zunehmend versucht, alimentierte Scheinbeschäftigungen zu errichten. Dies geschieht zunächst auch auf Kosten des Steuerzahlers, der die Schuldenlasten für die Alimentierung einer Scheinökonomie vordergründig finanzieren muss.

Letztlich aber ist freilich auch das über Erwerbseinkommen in Umlauf gebrachte Realkapital kreditär erzeugt worden. Damit existiert es an anderer Stelle als Schuld, die sich über den Zinsmechanismus vermehrt, und auf diese Weise weitere Kapitalforderungen auf liquides Kapital erhebt und dieses damit permanent verknappt. Und das gesamte ökonomische System auf diese Weise eben langsam aber sicher kollabieren lässt. Die Ein-Euro-Job-Praxis ist dabei eine der perfiden obrigkeitsstaatlichen Methoden, die diesen Kollaps insbesondere innerhalb des Mittelstandes zunächst zwar verlangsamen, letztlich aber vielmehr noch forcieren und vor der Öffentlichkeit verschleiern sollen.

Denn der systematische Aufbau einer Niedriglohnökonomie wird sich nur kurzfristig systemerhaltend auf die maroden Produktionsstrukturen auswirken. Mittel- und langfristig wird er zum Totengräber nicht nur des Mittelstandes, sondern der gesamten Ökonomie werden. Allerdings ist dies eben ganz im Sinne der gegenwärtigen machtpolitischen Agenda. Ebenso so sehr, wie dieser Prozess elementarer Bestandteil eines monopolistischen Pseudo-Kapitalismus ist.

Solange die monetaristischen Prinzipien des Zins- und Renditemechanismus die fundamentalen Triebkräfte des ökonomischen Systems der Kapitalverwertung sind, kann die dementsprechende Ausprägung einer derartigen Marktwirtschaft nur monopolistisch und mindestens tendenziell totalitär sein. Aufgrund  der zwangsläufigen Bedingungen  einer permanenten und zunehmenden Güter- und Kapitalverknappung, mit der Folge eines diese kompensierenden, unbegrenzten Wachstumszwangs und -kultes.

Wachstum wiederum bezeichnet letztlich nichts anderes als das Prinzip der Kapitalüberakkumulation. Diese ihrerseits ist die Triebkraft einer nur noch vordergründig Wettbewerbsorientierten, tatsächlich aber monopolistischen Ökonomie. Die Folgen eines aus diesem Grund immer ökonomistischer und totalitärer werdenden Obrigkeitsstaates werden derzeit zunehmend sichtbarer.

Etwa die massive Polizeigewalt, mit der eine Kapitalhörige Politik die Interessen industrieller Komplexe durchsetzt. Sie sind ebenso wie die Hartz IV-Gesetzgebung und ihr Zwangsarbeits- und Lohndumpingsystem Symptom eines nicht nur kranken, sondern auch gescheiterten Systems. Einer Herrschaftsordnung, deren hierarchische und elitäre Struktur sich ökonomistisch und rassistisch legitimiert, etabliert, ausdehnt - und am Ende selbst auffrisst.