Die Diktatur der Erwerbsarbeit Drucken
Geschrieben von: Baraka   
Donnerstag, den 16. Juni 2011 um 22:50 Uhr

Der gegenwärtige bürgerliche Mainstream tradiert auffallend eindimensionale, gleichartig geprägte und letztlich zutiefst reaktionäre Vorstellungen über Arbeit und Einkommen und deren Gegenwart und Zukunft. Diese Vorstellungen sind das weltanschauliche Produkt eines liberal geprägten, moralistisch dressierten und ökonomisch saturierten Wohlstandsbürgertums. Sie finden sich in dessen liberalen Zentrum und gleichermaßen auch an dessen konservativen, wie modernistischen Rändern.

In ihrer weltanschaulichen Struktur sind sie aber vielmehr reaktionär, und rassistisch obendrein. Sie erschöpfen sich in einem polit-ideologischen und partei-programmatisch übergreifenden moralistischen Konsens, der besagt, dass sich Arbeit/Leistung lohnen müssten, dass Einkommen gerecht sein müssten, d.h. mit Arbeit/Leistung übereinstimmen, ihr gerecht werden müssten, und dass ausschließlich Arbeit/Leistung ein Einkommen als Belohnung und Wertschätzung rechtfertige und verdiene.

Und zuletzt, als Quintessenz dessen natürlich auch, dass überhaupt nur Arbeit/Leistung einen Menschen zu einem vollwertigen Gesellschaftsmitglied mache, weil Arbeit/Leistung überhaupt nur der einzig wahre Sinn des sozialen (Alltags-)Lebens sei. Mit Arbeit/Leistung ist dabei freilich ausschließlich produktive, also im Rahmen von kapitalverwertender Produktivität erbrachte, und später marktwirtschaftlich verwertete, konsumierbare Tätigkeit gemeint.

Derartige Vorstellungen und die Auslassungen darüber sind letztlich immer psychotisch und irrational geprägt. Und dies bisweilen so extrem, dass damit dann auch hinter der moralischen Fassade die tiefere und eigentliche faschistische Grundstruktur der gesamten gegenwärtigen Gesellschaft, Kultur und Staatsordnung hervorscheint.

Die permanenten Verherrlichungen und letztendlich totalitären Dogmatisierungen der Erwerbsarbeit und der Erwerbseinkommen, welche das wohlstandsbürgerliche Propagandawerk durchziehen, appellieren nicht an die Vernunft und Empirie, sondern an Emotionen und Traumatisierungen und manipulieren diese perfide und geschickt.

Das Humane, der Mensch, bleibt in den Überlegungen stets außen vor. Er erscheint bestenfalls nur als Zerrbild, als verdinglichtes, weltanschaulich pervertiertes Abziehbild des Status Quo, der liberalen, sozialdarwinistischen Herrschaftsordnung. Ansonsten aber treten an die Stelle des Menschen, an die Stelle des Menschlichen lediglich nur noch die Außenprojektionen persönlicher Defizite, Traumatisierungen, psychischer Konditionierungen, wie Schuldgefühle, Minderwertigkeitskomplexe, Übervorteilungsparanoia, Futterneid und Leistungsausgleichsinfantilität.

Diese werden aber stets fein säuberlich ummäntelt von der liberalen Moraldoktrin, die sich Werte wie Freiheit, Individualität, Humanität, Modernität, Gerechtigkeit oder Vernunft ausschweifend zu bedienen in der Lage ist, um sie mit ihren eigenen Vorstellungen, mit ihren psychotischen Projektionen zu füllen und anschließend als propagandistisches Gift unter die Menschen zu bringen.

Tatsächlich ist an einer arbeits- und wachstumsfetischistischen Wirtschaftsordnung, an einer totalitären Zwangsarbeitsgesellschaft, wie sie gegenwärtig existiert, und als deren Apologeten die Beschwörer und Propheten der Arbeits- und Einkommensgerechtigkeit letztlich auftreten, nichts freiheitlich, oder human, oder vernünftig. Jedenfalls nicht in einem humanistischen Sinne.

Ein humanistisches Menschenbild, wie Freiheits- und Vernunftverständnis, steht zur liberalen Weltanschauung und ihrer Moraldoktrin nämlich in einen diametralem Gegensatz. Ebenso verhält es sich dementsprechend auch mit einer humanistisch abgeleiteten Wirtschafts- und Sozialordnung zu einer (neo)liberalen Wirtschafts- und Staatsordnung.

Wirklich vernünftig wird eine ökonomisch kompartimentierte Sozialordnung, also eine arbeitsteilige Fremdversorgungsökonomie erst dann, wenn sie Einkommen und Arbeit/Leistung fundamental trennt. Dies nämlich wandelt erst die gegenwärtig bestehende Zwangsarbeitsgesellschaft und Zwangsgemeinwohlökonomie in eine Bedarfs- und Ressourcen- und Kulturorientierte Teilhabegesellschaft, mitsamt einer ihr zuträglichen, dienstbaren Ökonomie um.