Stuttgart 21: Die Wirtschaftsdiktatur und ihr Gewaltapparat Drucken
Geschrieben von: Baraka   
Samstag, den 25. Juni 2011 um 22:11 Uhr

Die jüngste, von der Stuttgarter Polizei gewollte und herbei geführte Eskalation der Proteste gegen das Milliardengrab „Stuttgart 21“ zeigt einmal mehr, woran es Deutschland mangelt: An Polizisten mit Anstand und Respekt, vor den Menschen, vor dem Leben, und mit einem Freiheitsbewusstsein, das auf den Idealen der Aufklärung gründet, anstelle denen des Faschismus.

Ein Armutszeugnis war und ist auch die massenmediale Berichterstattung. Die wissentlichen und willentlichen Falschaussagen von Stuttgarter Polizei und Staatsanwaltschaft wurden ungeprüft und unhinterfragt übernommen und zur ultima ratio erhoben. Die Massenmedien schlugen sich unverzüglich auf die Seite der staatlichen Gewalt und starteten eine ihrer üblichen Kampagnen, diesmal gegen den Widerstand gegen Stuttgart 21.

 
Einmal mehr zeigten sich die Massenmedien als herrschaftliche Hofberichterstattung, als Teil der Staatsgewalt, anstatt deren Korrektiv. Damit zeigten sie sich auch Demokratieunfähig, wenn nicht Demokratiefeindlich. Denn die Verquickung und Klüngelei zwischen Staat und Justiz, wie auch zwischen Staat und Wirtschaft, sowie zwischen Staat und Medien zeigen neben dem immer krimineller und skrupelloser werdenden Polizei(staats)apparat auch das massive Demokratie-Defizit in Deutschland.

Ein Defizit, das Methode hat und System ist. Es sind die immer offensichtlicher zum Vorschein tretenden totalitären, Polizei- und Überwachungsstaatlichen Tendenzen, die eine letztliche Wirtschaftsdiktatur ummänteln und tragen. In eben genau diesem totalitären Geiste steht auch die versuchte Usurpation und Diffamierung des Widerstandes gegen Stuttgart 21.

Die absichtliche und systematische Kriminalisierung und Eskalation der Proteste durch polizeiliche Provokateure soll mit diesem letztlich auch jede andere Form des Widerstandes, des zivilen Ungehorsams gegen den Staat delegitimieren, und damit Gewalt gegen Widerstand, der sich dem Staat widersetzt, legitimiert werden.

Diese herrschaftliche, obrigkeitsstaatliche, und damit notwendigerweise auch antidemokratische Gewalt beginnt und umfasst bereits jede Form von staatlicher und wirtschaftlicher Bevormundung und Übervorteilung der Gesellschaft oder von Teilen der Gesellschaft.

Dass sich Polizisten als gefügige und willfährige Handlanger eines mafiösen und zunehmend totalitären Herrschaftsapparates missbrauchen lassen, wie er am Beispiel Stuttgart 21 in aller Deutlichkeit zu Tage tritt, aber ebenso etwa auch am Beispiel der Atomenergiepolitik des Bundes, offenbart den eklatanten Mangel an Anstand, Verstand, Rückgrat und ein äußerst zweifelhaftes Berufsethos - von Berufsehre ganz zu schwigen - bei den meisten Polizisten hierzulande.

Es ist nicht der Widerstand gegen einen autoritären, und in großen Teilen bereits totalitären Obrigkeitsstaat, der illegitim ist, sondern der Gewaltapparat, wie er sich in einem totalitär werdenen Staat manifestiert. Illegitim ist ein Polizei- und Justizapparat, der nicht (oder nur formal) einer freiheitlichen, rechtsstaatlichen Gesellschaftsordnung dient, sondern bzw. tatsächlich faktisch lediglich Erfüllungs- und Vollzugsorgan, und somit Komplize und Handlanger einer Wirtschaftsdiktatur ist, die sich durch einen sich über Recht und Moral setzenden Obrigkeitsstaat konstituiert, (schein)legitimiert und entfaltet.

Zu Lasten und auf Kosten der Mehrheit der Gesellschaft. Getragen aber auch von einer schweigenden, aber hasserfüllten Mehrheit aus dem autoritären Wohlstandsbürgertum, das glaubt, durch Untertänigkeit und Mitläufertum von den wirtschaftstotalitären und dessen obrigkeitsstaatlichen Herrschaftsverhältnissen zu profitieren oder profitieren zu können.

Es ist dasselbe angepasste, von Besitzstandswahrung und -mehrung angetriebene Wohlstandsbürgertum, das immer dann schweigt, nichts sieht, nichts hört, aber nickt und mit dem Schwanz wedelt, wenn ein krimineller Staat seinen Gewaltapparat zum Aufrechterhalt und zum totalitären Ausbau seiner Herrschaft missbraucht.

Es ist ein Wohlstandsbürgertum, das aus der Geschichte nicht nur nichts lernen kann, sondern nichts lernen will. Weil es vom Menschenhass, von Missgunst und Paranoia, und letztlich vom Rassismus einer Leistungsfetischistischen Besitzstandswahrung so tief zerfressen ist, dass es sich stets nur der herrschenden, stärkeren Gewalt buckelnd an den Hals wirft, während es zugleich für jede Art von Widerstand gegen diese obrigkeitsstaatliche Gewalt nur Verachtung übrig hat.

Es ist diese faschistische, wohlstandsbürgerliche Persönlichkeitsstruktur, bei der durch das Buckeln nach oben, durch das Lecken am Arsch staatlicher und letztlich wirtschaftlicher Macht die eigentliche, tiefe Ohnmacht, Bedeutungslosigkeit und Lebensleere kompensiert wird, die auch den Stuttgart 21-Befürworter auszeichnet. Oder den Atomkraftbefürworter. Oder den Hartz IV-Befürworter. Oder den Juden-Gen-Befürworter.

Den typischen unterwürfigen, angepassten Mitläufer, der für Widerstandsbewegungen, besonders für Massen, die ihrer Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit durch Mitbestimmung statt durch Unterwerfung begegnen wollen, nur Verachtung übrig hat, und sich stattdessen mit dem Gewalt ausübenden Herrschaftsapparat identifiziert.

Und nach immer mehr und immer offenerer Gewalt dürstet, als kompensatorische Stellvertreterteilhabe an der Macht des Obrigkeitsstaates und seines Machtapparates. Die anschließend unter hilflosem, fremdbestimmtem Rückgriff auf die Dogmen und doktrinären Affirmationen des (Neo-)Liberalismus als „freiheitlich“, „anständig“, „friedlich“ und „fortschrittlich“ rationalisiert wird.

Während Widerständler gegen den (neo-)liberalen Status Quo zu aufrührerischen, Unruhe stiftenden, gewalttätigen Berufsdemonstranten werden. Damit wurde eine neue Moralkeule mitsamt dazu gehörender Propaganda geboren. Sie gehört in die selbe Riege wie liberale Diffamierungen wie „Antisemiten“, „Pseudo-Intellektuelle“, „Klimaleugner“, „Impfleugner“, „Holocaust-Leugner“, „Verschwörungstheoretiker“, „Esoteriker“ oder „Scharlatan“.

Im Mittelalter, allerdings noch bis weit in die Neuzeit hinein, nannte man solche Abweichler vom herrschenden Status Quo und dessen unanfechtbarer Moral- und Wissenschaftsdoktrin „Ketzer“ oder „Hexen“. Das neue Zeitalter tiefer gelegter Bahnhöfe aka Milliardengräber bereichert dieses Sammelsurium mal mehr, mal weniger zutreffender und vornehmlich diffamierender Charakterisierungen um den Berufsdemonstranten.

Man könnte es ein unqualifiziertes, unzurechnungsfähiges, unbewusstes Kompliment von Berufs-Ja-Sagern und Berufs-“Pro-leten“ nennen. Die schönste und effektivste Art und Weise, einfältigen, affektiven Diffamierungen wie diesen das Wasser abzugraben, ist es, sie sich selbst zu eigen zu machen. Also zum Berufsdemonstranten zu werden.

Es gibt nichts schöneres, und auch nichts demokratischeres, als ein Berufsdemonstrant zu sein. Ein unbezahlter Berufsdemonstrant, statt bezahlter, uniformierter Provokateur, Terrorist und Schläger. Ein Berufsdemonstrant, berufen zur Demonstration, zum Widerstand gegen den Obrigkeitsstaat und dessen Gewaltfetisch, zum Verlangen von sozialer, kultureller, ökonomischer und politischer Teilhabe und Selbstbestimmung.

Das nämlich ist erst wirkliche, und nicht nur formale Demokratie. Das völlige Gegenteil von Demokratie ist die gegenwärtige (neo-)liberale Wirtschaftsdiktatur mitsamt deren Wohlstandsbürger- und Besitzstandswahrer-Faschismus und dessen verkappt „Pro“-letarisches Querulantentum. Das wahre „Pro“ steckt aber im Protest. Dem auf der Straße. Für Demokratie, statt für Gewalt gegen Protestierende. Für Mitbestimmung statt Unterwerfung unter antidemokratische, obrigkeitsstaatliche Gewalt.