Hartz IV * Bürgerbegehren * Wald- und Jagdpolitik * Israelische Siedlungspolitik Drucken
Geschrieben von: Baraka   
Dienstag, den 25. Januar 2011 um 00:12 Uhr
  •    Hartz IV

In der vergangenen Woche wurden mehrere zeitgleich auftretende Fälle bekannt, wo Jobcenter schwangeren Frauen die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes vollständig gestrichen hatten. Vorwand waren stets sogenannte "Ein-Euro-Jobs", welche die betroffenen Schwangeren antreten sollten, dies aber aufgrund ihrer körperlichen Verfassung selbstredend nicht konnten.

Nach Angaben von Sozialverbänden häufen sich Beschwerden von jungen Schwangeren, wonach es den Mitarbeitern in Jobcentern an der notwendigen Sensibilität und dem Respekt gegenüber werdenden Müttern mangele. Anträge werden zum Teil unvollständig oder viel zu spät bearbeitet. Auch wiesen Mitarbeiter mangelhaftes rechtliches Fachwissen auf.

Dies deckt sich auch mit den Ergebnissen der von der "Mutter-Kind-Stiftung" in NRW in Auftrag gegebenen Befragung an Schwangeren und ihren Erfahrungen mit den Jobcentern. Von rund 14.000 Fällen, in denen im ersten Quartal 2010 bedürftige schwangere Frauen Kontakte mit den Sozialeinrichtungen hatten, mussten in knapp 5600 Fällen Beratungsstellen intervenieren, damit die Frauen die ihnen rechtlich zustehenden Hilfen erhielten - oder überhaupt davon erfuhren.

Am Montagabend trafen sich die Mitglieder des Vermittlungsausschusses von Bund und Ländern erneut in Berlin zu Verhandlungen über die Hartz IV-Reform. Strittig sind besonders die Themen Regelsätze, Bildungspaket sowie Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche. Die Linke nahm an den neuerlichen Gesprächen nicht teil.

Offenbar störe man "zu sehr beim trauten Kungeln der Hartz-IV-Parteien", reagierte die parlamentarische Geschäftsführerin der Linke, Dagmar Enkelmann auf die erneute Nichteinladung der Linke. An den letzten Gesprächen hatte die Partei erst nach einer einstweiligen Verfügung beim Bundesverfassungsgericht teilnehmen können.

In einem Positionspapier fordert die Fraktion die Festsetzung vorläufiger Regelsätze, sowie parallel dazu die Einrichtung einer Expertenkommission. Diese soll den angemessenen Bedarf von Hilfebedürftigen unabhängig von partei- und haushaltspolitischen Erwägungen ermitteln. In der Nacht sind die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition über das neue Hartz IV-Gesetz erwartungsgemäß ohne Ergebnis vertagt worden.

Besonders beim Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche als auch bei der Höhe des Regelsatzes gebe es nach Medienangaben kaum Bewegung. "Dank des Drucks von links hat sich zumindest bei SPD und Grünen ein wenig schlechtes Gewissen eingestellt", so Enkelmann im Vorfeld der Verhandlungen. "Beide Parteien reden nunmehr davon, dass die Regierung nicht nur bei Mindestlohn und Bildungspaket, sondern auch beim Regelsatz nachbessern müsse.

Passend dazu hat die Regierung zwar unaufgefordert, aber rechtzeitig vor dem Spitzengespräch weitere Sonderauswertungen vorgelegt. Diese laufen nach den vorliegenden Informationen darauf hinaus, den Regelsatz über die bisher angebotenen 5 Euro hinaus um weitere 6 beziehungsweise 12 Euro zu erhöhen. Dies ergibt zwar bei weitem noch keinen verfassungskonformen Regelsatz, offensichtlich aber sollen damit SPD und Grüne geködert werden." Die nächste Verhandlungsrunde des Vermittlungsausschusses soll am sechsten Februar stattfinden.

 

 

  •    Bürgerbegehrens-Reform in Berlin

Zur Reform des Bezirksverwaltungsgesetzes in Berlin werden am heutigen Montag im Innenausschuss und am kommenden Donnerstag (27. Januar) im Abgeordnetenhaus Gesetzentwürfe der Regierungskoalition und der Fraktion der Grünen abgestimmt. Die Reform des Gesetzes beinhaltet auch Änderungen bei den Regelungen für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide.

"Der rot-rote Entwurf wäre unterm Strich ein kleiner Fortschritt für die direkte Demokratie in den Berliner Bezirken. Die wirklich wichtigen Fragen bleiben jedoch unberührt. Bürgerentscheide werden weiterhin nur sehr eingeschränkt rechtlich verbindlich sein. Das bedauern wir", sagt Michael Efler, Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie. Der Gesetzentwurf der Grünen sehe dagegen eine erhöhte Verbindlichkeit von Bürgerentscheiden vor.

Keiner der neun Bürgerentscheide, die bisher in Berlin stattgefunden haben, war in vollem Umfang rechtsverbindlich. Mehr Demokratie hatte mit einem Aufruf und einer Unterschriftensammlung die Einführung verbindlicher Bürgerentscheide gefordert. Zudem setzte der Verein sich für eine Abschaffung des Abstimmungsquorums beim Bürgerentscheid ein. Nach dem rot-roten Entwurf soll das bestehende 15-prozentige Beteiligungsquorum nun in ein zehnprozentiges Zustimmungsquorum umgewandelt werden.

Bei einem Bürgerentscheid müssten demnach nicht mehr 15 Prozent aller Wahlberechtigten eines Bezirkes teilnehmen, damit er gültig ist, sondern zehn Prozent zustimmen. "Die Ummünzung des Quorums würde sich positiv auf die Praxis auswirken. Bisher sind vier der neun Bürgerentscheide am 15-prozentigen Beteiligungsquorum gescheitert. Bei einem zehnprozentigen Zustimmungsquorum wären es nur zwei gewesen", so Efler.

Positiv bewertet Mehr Demokratie zudem den im rot-roten Entwurf geplanten Ausbau der Beratung für Bürgerbegehren. Künftig können sich Initiatoren durch das Bezirksamt über die rechtliche Verbindlichkeit des Bürgerentscheids aufklären lassen. Auch den Wählern soll diese Information durch die Abstimmungsunterlagen zugänglich gemacht werden. Zudem sieht der Gesetzentwurf vor, eine Spendentransparenz-Regelung für Bürgerbegehren einzuführen. Demnach sollen Spenden ab 5.000 Euro offengelegt werden. Dies hatte auch Mehr Demokratie gefordert.

Kritisch beurteilt Mehr Demokratie die von Rot-Rot geplante Abschaffung der Stichfrage beim Bürgerentscheid. Demnach wird bei konkurrierenden Vorlagen künftig nicht mehr die Stichfrage über Sieg oder Niederlage entscheiden. Das sogenannte "doppelte Ja" bleibt jedoch erhalten. Es ermöglicht den Abstimmenden, beiden Vorlagen zuzustimmen. "Das kann dann sinnvoll sein, wenn beide Reformvorschläge besser sind, als der Status quo. Zudem verhindert das 'doppelte Ja' eine Aufsplittung der Ja-Stimmen auf zwei Vorlagen, die das Erreichen des Zustimmungsquorums enorm erschweren kann", so Efler.



  •    Wald- und Jagdpolitik

Zu Beginn der Internationalen Grünen Woche in Berlin fordern die fünf großen Umweltverbände DNR, BUND, Greenpeace, NABU und WWF eine Neuausrichtung der Wald- und Jagdpolitik in Deutschland. Ausgerechnet im Internationalen Jahr der Wälder 2011 drohe Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner den Wald zum reinen Rohstofflager zu degradieren, so der Tenor der Verbände. Die Kritik bezieht sich auf Aigners Entwurf der sogenannten "Waldstrategie 2020", die in diesem Jahr von der Bundesregierung beschlossen werden soll.

Der vorliegende Entwurf zur Waldstrategie sei auf maximale Holzerzeugung ausgelegt, so WWF-Vorstand Eberhard Brandes. Das Bundeslandwirtschaftsministerium habe es versäumt, wichtige übergeordnete Themen wie den Buchenwaldschutz in den Strategieentwurf zu integrieren. Aigner missachte die besondere Verantwortung Deutschlands für die Buchenwälder und ignoriere den vom Bundestag einvernehmlich gefassten Beschluss, bis 2020 fünf Prozent der Waldfläche einer natürlichen Entwicklung zu überlassen, so der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Ein weiteres Problem seien die schon seit Jahrzehnten schwelenden Konflikte zwischen Jägern, Naturschützern und Förstern. Aigner scheue die Konfrontation mit den Jägern und dulde damit die ökologische Verarmung der Wälder durch zu hohen Wildverbiss, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Die Folge sei ein volkswirtschaftlicher Schaden in Millionenhöhe. Nur durch eine umfassende Reform der Jagdgesetze könne man diese Konflikte lösen.

Greenpeace-Geschäftsführerin Brigitte Behrens kritisierte die Pläne der Bundesregierung, den Holzeinschlag in den nächsten zehn Jahren erheblich auszuweiten. "Frau Aigner spricht von Klimaschutz, opfert aber gleichzeitig den wichtigen CO2-Speicher Wald dem Energie- und Rohstoffhunger der Industrie", sagte Behrens. Das Konzept der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft werde damit mit Füßen getreten.

"Mit ihrem Entwurf zur Waldstrategie 2020 ist Frau Aigner auf dem völlig falschen Weg. Wir fordern sie auf, den Entwurf umfassend zu überarbeiten oder komplett zurückzuziehen", fasste DNR-Präsident Hubert Weinzierl die Kritik der Verbände zusammen. Dazu brauche es einen transparenten Prozess, an dem alle Akteure beteiligt seien. Alles andere könne nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen.

 

 

  •    Israelische Siedlungspolitik

Aus vertraulichen Berichten der palästinensischen Autonomiebehörde geht hervor, dass sich die palästinensischen Verhandlungsführer im Geheimen dazu bereit erklärten, mit einer Ausnahme alle israelischen Siedlungen in Ost-Jerusalem als israelisches Territorium anzuerkennen. Dies berichtet der Freitag.

Die Unterlagen, welche die israelisch-palästinensisch-amerikanischen Friedensverhandlungen des zurückliegenden Jahrzehnts dokumentieren, seien zunächst dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira zugespielt und von diesem an den Guardian weitergegeben worden. Die aus diesen hervor gehende Absicht der palästinensischen Verhandlungsführer aus dem Jahr 2008, Israel nahezu alle Siedlungen in Ostjerusalem zuzugestehen, ist bis dato nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

Den Dokumenten zufolge kooperierten die israelischen Sicherheitskräfte somit weit mehr mit der palästinensischen Autonomiebehörde, als dies bislang bekannt ist. Berichtet werde auch von der Beteiligung britischer Geheimdienste beim Entwurf eines geheimen Szenariums zur Zerschlagung der Hamas. Zudem sollen Politiker der Autonomiebehörde von den israelischen Angriffen auf den Gaza-Streifen in den Jahren 2008 und 2009 informiert gewesen sein.

Aus demselben Zeitraum stammten die Angebote der palästinensischen Führung, alle israelischen Siedlungen in Ost-Jerusalem bis auf eine Ausnahme anzuerkennen. Die israelischen Verhandlungsführer hätten das Angebot dennoch abgelehnt. Die späteren Bemühungen der Obama-Regierung, die Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen, sollen letztlich an der Weigerung Israels, den Siedlungsbau über zehn Monate hinaus zu stoppen, gescheitert sein.

Nach internationalem Recht sind alle Siedlungen, die Israel nach 1967 in den besetzten Gebieten gebaut hat, illegal. Dennoch versuche Israel seitdem, die größten Siedlungen durch ein Friedensabkommen israelischem Staatsgebiet zuzuschlagen. Das palästinensische Zugeständnis hatte Israel abgelehnt, weil dabei nicht ausnahmslos alle israelischen Forderungen erfüllt worden seien. Auch mehrere tiefer in der Westbank gelegene Siedlungen seien in den palästinensischen Konzessionen nicht enthalten gewesen.

Die Verhandlungsprotokolle offenbarten auch das unbeugsame Selbstbewusstsein der israelischen Unterhändler und die oftmals abschätzige Haltung beteiligter US-Politiker gegenüber den Palästinensern. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat bezeichne die Dokumente inzwischen als "Lügen und Halbwahrheiten". Viele Teile der Dokumente seien fingiert, um die Palästinenser gegen ihre Führung aufzuhetzen. Die frühere palästinensische Unterhändlerin Diana Buttu habe Erekat wegen der Enthüllungen zum Rücktritt aufgerufen.